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Auf den Spuren von Götz von Berlichingen

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Burg Hornberg
Die Burg Hornberg am Neckar, der Alterssitz des Götz von Berlichingen

Goethes Drama

Er ist die Titelfigur eines Dramas, das 1774 in Berlin uraufgeführt wurde: Götz – eigentlich Gottfried – von Berlichingen, seines Standes Reichsritter im frühen 16. Jahrhundert. Wahrscheinlich hätte sein Name nicht diesen klangvollen Tonfall, wenn sich nicht Johann Wolfgang von Goethe höchstpersönlich von der Autobiografie der historischen Figur des Ritters mit der eisernen Hand hätte inspirieren lassen. Dabei existieren mehrere unterschiedliche Fassungen des Stücks. Der „Urgötz“ ist erst nach Goethes Tod aufgeführt worden.

Goethe war fasziniert von der Zeit des 16. Jahrhunderts, einer Welt des Umbruchs. Anhand der Lebensgeschichte des Götz inszeniert er die Gegensätze in der Gesellschaftsstruktur als Wendepunkt der europäischen Geschichte. Der Reichsritter Götz ist als einer der letzten seiner Art ganz im mittelalterlichen Fehderecht verhaftet, muss aber gleichzeitig seine Stellung im gesellschaftlichen Wandel und dem modernen Verwaltungsstaat behaupten. Er beginnt eine Fehde mit dem Bischof von Bamberg, ist zwischenzeitlich mit der Reichsacht belegt und wird zu einem Protagonisten im Bauernkrieg, dem bürgerlichen Aufbegehren gegen den Feudalismus. Im dritten Aufzug fällt dabei der berühmte Satz „Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!“ Damit setzte Goethe dem Schwäbischen Gruß ein literarisches Denkmal – mit den bekannten Nachwirkungen bis in unsere Zeit.

Der Ritter mit der eisernen Hand

Durch die Autobiografie des Götz sind wir außerordentlich gut über sein Leben und seine zahlreichen Fehden unterrichtet. Geboren worden ist er um 1480 in Jagsthausen, als letztes von zehn Kindern des Kilian von Berlichingen und Margaretha von Thüringen. Seine Kindheit verbrachte Götz auf der Burg Jagsthausen. Seine Lehrjahre als Knappe, die ihm die ritterliche Ausbildung brachten, führten ihn weit herum, so auch nach Burgund, Lothringen, Brabant und in die Schweiz. Dabei lernte er auch das im Spätmittelalter aufblühende Raubrittertum kennen und lieben.

Burg Jagsthausen
Ort der Kindheit des Götz: Burg Jagsthausen

Die Zahl der Fehden, an denen Götz beteiligt war, ist selbst für die damalige Zahl enorm hoch. Dabei war er sowohl in eigener Angelegenheit als auch zur Unterstützung anderer unterwegs. Mehrfach brachte ihm dies die Ächtung des Kaisers oder eine Gefangennahme ein. In Heilbronn war er zeitweise inhaftiert. Bereits 1504 verlor Götz bei der Belagerung von Landshut durch einen Kanonenschuss seine rechte Hand. Die Prothesen, die er sich daraufhin anfertigen ließ, gehörten zu den technischen Meisterleistungen ihrer Zeit und brachten ihm den Beinamen „Ritter mit der eisernen Hand“ ein. Insbesondere die jüngere der beiden bekannten Handprothesen war mechanisch derart ausgeklügelt, dass sich die Finger in drei Gelenken bewegen ließen.

Eiserne Hand des Götz von Berlichingen
Illustration aus: Christian von Mechel, Die eiserne Hand des tapfern deutschen Ritters Götz von Berlichingen, Berlin 1815

Die Bauernkriege

Götz von Berlichingen wurde zudem zu einem Gesicht der Bauernkriege. Er ließ sich 1525 – wohl eher widerwillig – als Anführer einer Schar Bauern anheuern. Um es auf wenige Sätze herunterzubrechen: Die Bauern kämpften für eine neue gesellschaftliche Ordnung sowie für ihre Freiheit gegen die im Schwäbischen Bund organisierten Reichsstände. Dem Zusammenschluss gehörten explizit die Fürsten und ein großer Teil des Adels an. Damit stellte sich Götz paradoxerweise auch gegen die Strukturen, denen er sich verpflichtet sah und in denen er tief verwurzelt war: das Feudalsystem und die Ständegesellschaft, in der das Rittertum eine feste Größe war.

Bereits 1517 hatte Götz die Burg Hornberg oberhalb des Ortes Neckarzimmern im Neckartal erworben. Nach den Bauernkriegen und seiner Inhaftierung in Augsburg in den Jahren von 1528 bis 1530 zog er sich dorthin zurück. Seinen langen Lebensabend bis 1562 verbrachte er ohne weitere Fehden. Die Zeit des Rittertums war endgültig vorbei.

Stationen im Tal der Jagst

Nirgends kann man die Stationen des Lebens von Götz von Berlichingen besser studieren als im Tal der Jagst. Das ist sogar auf einer Wanderung möglich, die wir in Jagsthausen beginnen wollen. Der Ort ist nicht nur der Geburtsort des Reichsritters. Im Hof der Burg Jagsthausen, die auch als Götzenburg bezeichnet wird, finden seit 1950 die Burgfestspiele statt, die Goethes Götz in den Mittelpunkt rücken. In Jagsthausen entstanden durch die Edelherren von Berlichingen in späterer Zeit mit dem Roten und dem Weißen Schloss weitere herrschaftliche Bauten. Das Rote Schloss wurde ab 1572 von Hans Reinhard von Berlichingen aus einer Nebenlinie der Berlichinger erbaut.

Folgen wir der Jagst flussaufwärts, gelangen wir nach Berlichingen. Der Name des Dorfes lässt bereits erahnen, dass wir es hier mit dem Stammsitz der Familie zu tun haben. Zeugnis davon legt noch eine kleine Turmburg ab, die den Edelherren einst gehörte. Wenige Kilometer weiter erreichen wir das barocke Kloster Schöntal. Im Kreuzgang liegt Götz von Berlichingen begraben. Ein Epitaph erinnert an den letzten Retter der deutschen Geschichte, den Ritter mit der eisernen Hand.

2 Kommentare zu “Auf den Spuren von Götz von Berlichingen

  1. Gibt es einen G.v.Berlichingen-Hype? Weidermann schrieb in der ZEIT NR.54, 19.12.24, auch schon über ihn. Alles Geschriebene ist hinlänglich bekannt.

    1. Ob es einen Hype gibt, mag ich nicht beurteilen. Wir haben im Herbst eher ungeplant eine Wanderung entlang seiner dortigen Wirkungsstätten an der Jagst unternommen und sind dabei auf Götz von Berlichingen aufmerksam geworden. Dass der Artikel keine neuen Forschungsergebnisse präsentiert, versteht sich von selbst.

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