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Das Erzbistum Lund und sein Dom

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Lund - Dom
Luftaufnahme des Domes zu Lund

Schonen zwischen Dänemark und Schweden

Wer Schweden bereist, der betritt das skandinavische Land meist im äußersten Süden. Die schwedische Provinz Schonen (Skåne) unterscheidet sich in ihrem Landschaftsbild kaum von den dänischen Inseln jenseits vom Öresund. Dies ist vor allem den geologischen Voraussetzungen geschuldet, durch die die Kulturlandschaft Schonens mit ihren Tonböden zu einem der ergiebigsten Agrargebiete Nordeuropas wurde. Im Nordosten geht das Gelände über in die waldreichen und dünn besiedelten Anhöhen aus Gneis und Granit, die fast ganz Schweden prägen.

Diese Randlage Schonens spiegelte sich auch lange in den politischen Verhältnissen wider, denn das Land war das gesamte Mittelalter über gemeinsam mit den Küstenprovinzen Blekinge und Halland dänisches Gebiet. Der Öresund spielte dabei eine verbindende Rolle, während die undurchdringlichen Wälder im Nordosten eine natürliche Barriere zum schwedischen Staatsgebiet bildeten. Erst mit der schwedischen Großmachtzeit kam Schonen im Frieden von Roskilde im Jahre 1658 zu Schweden.

Lunds Weg zum Erzbistum

Wenn wir uns also ins Mittelalter begeben, dann reden wir von einem dänischen Land und vor allem von dänischen Stadtgründungen. So verhält es sich auch mit Lund, dem religiösen und politischen Zentrum Schonens. Die Gründung der Stadt ist um das Jahr 990 anzunehmen. Sie diente zur Konsolidierung der königlichen Macht in einem vereinten Dänemark. Die Christianisierung des Landes, die diesen Anspruch festigen sollte, nahm vor allem im 11. Jahrhundert Fahrt auf. 1060 wurde Dänemark in Diözesen aufgeteilt. Lund setzte sich gegen das benachbarte Dalby durch und wurde zum Bischofssitz. 1103 erfolgte der Aufstieg zum Erzbistum für die gesamte skandinavische Kirche.

Der Chronist Adam von Bremen bezeichnet Lund in den 1070er Jahren als Hauptstadt Schonens. Doch Lunds religiöse Bedeutung spiegelt sich vor allem darin wider, dass am Ausgang des Mittelalters 27 Kirchen in der Stadt existierten. Die anschließende Reformation fegte sie fast restlos aus dem Stadtbild. Bereits im 14. Jahrhundert verlor Lund durch den Aufstieg Malmös als Hansestadt mit Hafen an Bedeutung.

Lund - Domkirche 1839
Die Lunder Domkirche im Jahre 1839 vor der purifizierenden Restaurierung

Der romanische Dom

Zur Baugeschichte

Erhalten blieb allerdings der seit dem frühen 12. Jahrhundert an Stelle eines Vorgängerbaus errichtete romanische Dom, ein Hauptwerk mittelalterlicher Architektur in ganz Nordeuropa. 1145 ließ Bischof Eskil den Hochaltar weihen. Nach einem Brand 1234 wurde der ursprünglich flach gedeckte Bau mit sechsteiligen Gewölben versehen. Seine heutige Gestalt ist ein Ergebnis der durchgreifenden Restaurierung im 19. Jahrhundert, die durch Karl Georg Brunius und vor allem seinen Nachfolger Helgo Zetterwall umgesetzt wurde. Letzterer ist der bedeutendsten Vertreter des schwedischen Historismus. Die Veränderungen betrafen vor allem die Westtürme, aber auch die Gewölbe wurde erneuert. Ältere Fotografien zeigen das Ausmaß der erfolgten Purifizierung durch Zetterwall.

Der romanische Bau des 12. Jahrhunderts wurde aus Sandstein erbaut, der in Schonen bei Helsingborg und bei Höör gebrochen wurde. Die Baumeister sind mit rheinischen und italienischen Vorbildern vertraut gewesen. Die Quellen nennen als ersten Architekten einen gewissen Donatus. Doch woraus leitet sich diese Provenienz ab? Schauen wir genauer hin.

Die Krypta

Zu den ältesten Teilen des Domes gehört die bereits 1123 geweihte Krypta, die sich als weiträumiger Hallenraum unter Chor und Querhaus erstreckt. Ältere Beispiele einer solchen Raumstruktur finden sich im 11. Jahrhundert am Dom zu Speyer oder an St. Maria im Kapitol in Köln. Insbesondere Speyer mit dem Spiel der Steinfarben und der Gestaltung der Säulen mit attischer Basis und Würfelkapitel darf als direktes Vorbild für Lund gelten.

Lund - Dom - Krypta
Die Hallenkrypta unter Chor und Querhaus

Gänzlich singulär sind dagegen die figürlichen Darstellungen an zwei der Lunder Kryptensäulen. Die nordische Legende sieht in ihnen den Riesen Finn und seine Frau mit einem der Kinder Gerda oder Sölve. Die Wissenschaft wiederum geht von den alttestamentarischen Figuren Simson und seiner Geliebten Delila aus. Oder hat sich hier doch der Baumeister verewigt? Letzteres wäre für das 12. Jahrhundert gänzlich unüblich.

Die Chorapsis

Das Äußere der reich gegliederten Chorapsis ist zumindest in seiner Gestalt eines der am besten erhaltenen Bauteile der Domkirche aus der Erbauungszeit. Wie die außergewöhnliche Krypta demonstriert sie den überregionalen Anspruch des Erzbistums Lund und seiner Domkirche. Über zwei übereinandergestellten Reihen an Blendfeldern bzw. Blendarkaden folgt ein gestufter Rundbogenfries. Darüber befindet sich unter der Traufe eine Zwerggalerie. Die Kapitelle der Halbsäulen und Säulen sowie die zahlreichen Konsolsteine sind besetzt mit antikisierenden Ornamenten und plastischen Darstellungen von Tiergestalten und Fabelwesen.

Die Gestaltung der Apsis geht ebenso auf rheinische Vorbilder zurück. Wieder müssen wir als erstes nach Speyer und den Oberrhein schauen, wo die Zwerggalerie erstmals auftaucht. Die zwei- oder mehrzonige Blendengliederung finden wir dagegen am Mittelrhein an der Ostapsis der Klosterkirche Maria Laach aus dem frühen 12. Jahrhundert. Die Verbindung beider Elemente erfolgte schließlich an Niederrhein und Maas (St. Servatius in Maastricht), vor allem an zahlreichen Kirchen in Köln: Groß St. Martin, St. Aposteln, St. Gereon (Chor). Doch weder diese Bauten noch die 1153 geweihten und ebenso gestalteten Ostteile des Bonner Münsters sind älter als der Dom in Lund und können somit auch nicht als unmittelbares Vorbild in Betracht gezogen werden.

Lund - Dom - Blendarkaden der Apsis
Blendarkaden der Apsis

Die Portale

In eine andere Richtung deuten die beiden Seitenschiffsportale mit ihrem plastischen Bauschmuck an Archivolten, Kapitellen und Tympanon, der wiederum aus floralen Elementen wie Ranken und Akanthusblättern sowie Fabelwesen besteht. Das Nordportal setzt sich von seinem südlichen Pendant durch einen ädikulaartigen Vorbau mit einem freistehenden Säulenpaar ab.

Konstruktion und Ornamentik verweisen in die oberitalienische Romanik. Die Kunstwissenschaften nennen dabei unterschiedlichste Quellen, aber vor allem scheint die lombardische Architektur für die Lunder Bauplastik eine wichtige Rolle gespielt zu haben.

Kircheninneres

Das Kircheninnere ist geprägt von der Einwölbung der Kirche nach dem Brand von 1234. Der Raum präsentiert sich als typische kreuzförmige Basilika mit Querhaus. Der Chorraum ist ebenso wie die Transeptarme aufgrund der darunter befindlichen Krypta stark erhöht.

Geradezu überschwänglich für einen nordischen Bau jener Zeit zeigt sich der bauplastische Schmuck des 12. Jahrhunderts, der den Außenbau nochmals übertrumpft. Er lässt sich ebenfalls mit den italienischen Einflüssen in Lund erklären. In den Seitenschiffen finden sich in ihrer Variation und plastischen Ausführung außerordentlich kunstvolle Kapitelle. Fabelwesen, tierische Gestalten, Akanthus und Ranken dominieren hierbei die Motivik.

Eine weitere Steigerung erfährt die Bauplastik in den Querhausarmen. Die dortigen östlichen Kapellenöffnungen werden gerahmt von ädikulaaratigen Konstruktionen, wie wir sie bereits am Nordportal gesehen haben. Besonders reich gestaltet ist die Situation im nördlichen Querhausarm: Die dabei geschaffenen korinthischen Kapitelle sowie die Ornament- und Rankenbänder der Archivolten sind von exzellenter Qualität.

Fast wie ein Fremdkörper wirken dagegen die im Bogenfeld über der Kapellenöffnung eingelassenen Skulpturen zweier Löwen und eines Seraphen. Sie korrespondieren mit ähnlichen Figuren, die an einer Nischenarchitektur an der Westwand des gleichen Querhausarmes Platz fanden. Hier sind es eine Seraphimgestalt und ein Engel, die auf Löwen stehen. Die Skulpturen lassen die Vermutung zu, dass sie ursprünglich in einem anderen liturgischen Kontext an einem anderen Ort im Dom Verwendung fanden.

Lund - Dom - Ädikula im Querhaus
Ädikula im Querhaus

Würdigung

Die Domkirche in Lund ist zweifelsfrei ein Unikat in der mittelalterlichen Architektur Nordeuropas. Ihre Ausgestaltung auf höchstem europäischem Niveau mit Anklängen an die rheinische und oberitalienische Kunst ist auf die herausragende religionsgeschichtliche Bedeutung Lunds als Erzbistum für ganz Skandinavien zurückzuführen. Entsprechend wirkte Lund auf die nachfolgende romanische Architektur im näheren Umfeld in Schonen, aber auch auf Dombauten wie in Viborg oder Ribe.

Dem Besucher präsentiert sich die Kirche heute mitten im Zentrum der quirligen Stundentenstadt Lund. Eingebettet ist sie in ein parkartiges Gelände, dem Lundagård, auf dem weitere mittelalterliche und frühneuzeitliche Bauten sowie zahlreiche Universitätsgebäude stehen. Die Geschichte des Areals geht bis in die Frühzeit Lunds zurück. Hier befand sich von Beginn an das königliche und bischöfliche Machtzentrum der Stadt. Der Königspalast aus dem 16. Jahrhundert legt hiervon Zeugnis ab. Mit der Gründung der Universität im Jahre 1666, der Anlage des Parks im 18. Jahrhundert und dem Abriss der umgebenden Mauer, erhielt der Lundagård nach und nach sein heutiges Gepräge: eine grüne Oase im hektischen Treiben einer Großstadt.

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