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WordPress als vollwertiges Content Management System
Es ist bereits etwas Zeit vergangen, seitdem ich meinen letzten Ratgeber zum Einsatz von Content Management Systemen (CMS) für den Kulturbereich schrieb. Zwischenzeitlich hat sich auf dem Markt einiges getan, was eine Neubewertung erlaubt. Dabei möchte ich den Fokus auf das beliebte und weit verbreitete WordPress legen.
In Deutschland liegt der Anteil von WordPress unter den mit einem CMS oder einem vergleichbaren Tool erstellten Websites derzeit bei knapp 47%. Damit ist das System hierzulande die Nr. 1, weltweit sowieso. Erst mit weitem Abstand folgen Joomla und Typo3.
Diese Konstellation hat Gründe. Zunächst wurde WordPress entwickelt als ein System, mit dem man Blogs aufsetzen und betreiben kann. Mit der weiten Verbreitung dieser Publikationsform setze auch der Siegeszug von WordPress ein. Bis heute hat sich WordPress längst zu einem vollwertigen CMS entwickelt, das anderen Systemen bei der Gestaltung von Websites in nichts nachsteht. Ganz im Gegenteil hat es Vorzüge, die es für den Einsatz in Kulturinstitutionen wie Museen besonders attraktiv erscheinen lässt.
Websites für Museen
Zunächst ist WordPress ein schlankes System, das seine Stärken bei kleinen und mittleren Websites ausspielen kann. Damit ist es optimal geeignet für die große Masse kleiner Museen. Die Entwicklung einer WordPress-Seite ist in aller Regel günstiger als z. B. mit dem komplexen Typo3, das vielfach nur im Repertoire darauf spezialisierter Agenturen zu finden ist. Das Einsatzgebiet dieses Systems sind entsprechend umfangreiche Projekte.
Kleine und ehrenamtlich geführte Museen müssen im Besonderen auf ihre begrenzten Ressourcen Rücksicht nehmen. Ich achte daher bei meinen Kunden nicht nur auf einen vertretbaren finanziellen Rahmen bei der Erstellung einer Website, sondern auch bei den Folgekosten. Sich langjährig in die Abhängigkeit einer professionalisierten Agentur zu begeben, können sich meist nur größere Häuser leisten. Wichtig ist mir daher die Unabhängigkeit des Museums bei der weiteren Betreuung des Internetauftritts. Dort wo es sinnvoll erscheint, überlasse ich die inhaltliche Pflege den Museumsmitarbeitern selbst: Handbuch und ein Schulungstag inklusive. Dabei kommt uns die geringe Einstiegshürde von WordPress zugute. Für die technische Betreuung biete ich dagegen zeitlich befristete Pakete an, die im Gegenseitigen Einvernehmen verlängert werden können. Einen solchen Weg bin ich jüngst mit dem Museum „Leben am Meer“ in Esens gegangen.
Technische Entwicklung
Noch vor wenigen Jahren war Joomla bei den meisten Projekten mein bevorzugtes CMS. Entsprechend habe ich meine Empfehlung an den Kunden formuliert. Dies hat sich grundlegend gewandelt. Mit der Einführung des Gutenberg-Editors Ende 2018 hat WordPress einen Quantensprung bei der Flexibilität der Gestaltung von Seiten hingelegt. Damit hat es gerade Joomla, das seit Jahren auf ein Upgrade auf die nächste Major-Version 4 wartet, hinter sich gelassen. Und dabei befindet sich Gutenberg erst in der ersten von drei Entwicklungsphasen, die in den nächsten Jahren ausgerollt werden. Da ist noch viel mehr zu erwarten!
Nun wird der eine oder andere Kritiker von Gutenberg vielleicht entgegnen, dass für WordPress bereits zahlreiche Page-Builder existieren, so dass es den Gutenberg-Editor nicht bedarf. Dem ist zu entgegen, dass gerade derartige Plugins häufig zu Kompatibilitätsproblemen bei System-Updates führen. Zudem bremsen sie mehr oder weniger die Geschwindigkeit der Website aus, was sich negativ auf die Positionierung bei Suchmaschinen auswirkt. Und: Eine mit einem Page-Builder erstelle Website ist für immer an dieses gebunden, während Gutenberg integraler Bestandteil des WordPress-Core ist.
Die Flexibilität von WordPress wird auch von unzähligen Themes und Plugins gefördert, die die riesige Community bereithält. Das System ist damit mit einer Erweiterbarkeit gesegnet, mit der allenfalls noch Joomla mithalten kann.
Museen und Corporate Blogs
Neben der allgemeinen Eignung für komplette Website-Projekte bleibt WordPress das System schlechthin, um Blogs umzusetzen. Es führt in diesem Kontext kaum ein ernst zu nehmender Weg daran vorbei.
Blogs für Kulturunternehmen? Aber ja! Ein Corporate Blog – also ein Unternehmensblog – kann mit einer vernünftigen Strategie zu einer wesentlichen Säule im Marketing-Mix werden. Das Führen eines Blogs erfordert viel Durchhaltevermögen und Konstanz, ist aber dann umso nachhaltiger. Die Institutionen schaffen damit einen neuen Kommunikationskanal, die Möglichkeit vertiefter Einblicke in die Kernthemen des Hauses und das Herausstellen der eigenen Kompetenzbereiche. Eine gestiegene Zahl digitaler Besucher führt im Idealfall auch zu einer Erhöhung bei analogen Besuchern.
Die Kunsthistorikerin und Kulturvermittlerin Tanja Praske listet in ihrer Blogroll zurzeit 91 bloggende Museen. Sie hat die vielfältigen Vorzüge des Bloggens für Museen zusammengetragen. Dabei resümiert sie:
Ein gut geführtes Blog pulsiert wie ein Herz: Es pumpt Ideen hinaus, nimmt sie entgegen, verarbeitet sie erneut, streut sie wieder aus – es ist für mich das dynamische Herzstück jeder Social-Media-Aktivität, vernetzt, aktiv und allzeit bereit, Neues zu testen und anderes zu verwerfen.
Inwiefern ein solcher Kommunikationskanal sinnvoll ist, muss von Fall zu Fall neu überdacht werden. Einen umfassenden Leitfaden zu den Überlegungen rund um das Thema Bloggen für Museen bietet Angelika Schoder. Sie kommt zu dem wichtigen Schluss:
Sollte ein Museum aber die notwendigen Ressourcen aufbringen können, kann ein Museums-Blog eine sinnvolle Ergänzung zur Website sein und ein nachhaltiger Content-Lieferant für Social Media Kanäle.
Ausblick und Empfehlung
Professionelle, aber vergleichsweise einfach zu bedienende und flexible Content Management Systeme werden im Kulturbereich immer wichtiger und beliebter. In Zeiten, in denen die Digitalisierung allmählich auch bei kleinen Museen und Kultureinrichtungen ankommt, wird WordPress immer mehr Verbreitung finden. Und dies ist unabhängig von der Frage, ob ein Blog vorgesehen ist oder nicht. Der Vorteil liegt hier auch darin, dass ein solcher jederzeit in die bestehende Website integriert werden kann, während andere Systeme in einem solchen Fall mit einem nicht banalen Plugin nachgerüstet werden müssen.
Meine Empfehlung an kleinere Museen und Kultureinrichtungen lautet daher zurzeit: Wenn Sie gerade die Entscheidung für das CMS der nächsten Jahre treffen müssen, denken sie über WordPress nach und lassen sich nicht überdimensionierte Systeme aufschwatzen, die Sie in eine langjährige Abhängigkeit führen.
Wir benutzen WordPress seit 2017 und sind bisher recht zufrieden. Die Einstiegshürde ist niedrig, was uns in der ersten Zeit unseres Blogs vieles vereinfacht hat. Wir kommen immer noch gut damit zurecht und senden wöchentlich unsere Inhalte in die Welt hinaus. Die Herausforderung beim Bloggen, gerade für Museen und andere Kultureinrichtungen, ist dann vielleicht nicht mehr so sehr die Technik (da ist WordPress durchaus hilfreich), sondern regelmäßig und langfristig Zeit und Mühe zu investieren.
Viele Grüße aus dem Deutschen Uhrenmuseum Furtwangen
Danke für den Erfahrungsbericht, der meine Ausführungen bestätigt. WordPress punktet vor allem mit einer niedrigen Einstiegshürde, bringt aber dennoch genügend Flexibilität mit, um auch komplexere Aufgaben zu lösen. Es hängt wie meistens vom Einsatzbereich ab, welches System das richtige ist.