Trägerschaft und Ehrenamt in der Coronakrise
Jörn Brunotte fragt in seiner Blogparade #closedoropen nach unserer Sicht auf die Öffnung von Museen nach dem Lockdown. Aber gibt es für ein Museum überhaupt eine Alternative zu einer baldigen Öffnung? Gleich vorweg: Ich denke nicht.
Die Herausforderungen der Hygieneauflagen sind gewiss hoch und die Unsicherheiten, ob die Konzepte überhaupt tragen, sicher noch lange nicht überwunden. Dort, wo man als Museum im besonderen Maße vom Tourismus profitiert, dürften die Ängste besonders hoch sein, denn diese Abhängigkeit könnte sich in der Coronakrise als zusätzliche Bürde herausstellen. Und auch bei ehrenamtlich geführten Einrichtungen besteht die hohe Gefahr, dass mit zunehmender Dauer der Schließung das Engagement nachlässt. In solchen Häusern ist die Aufstellung und Umsetzung von Hygienekonzepten sicherlich eine besondere Herausforderung.
Überhaupt stellt sich die Frage, welche Trägerschaft in der Coronakrise das Überleben am besten garantieren kann. Privat geführte Museen könnten finanziell schnell an ihre Grenzen stoßen. Doch auch eine kommunale Trägerschaft könnte sich mittel- und langfristig bei leeren Kassen als problematisch herausstellen. Hier werden sich die Städte und Landkreise deutlich positionieren müssen und zeigen, welchen Stellenwert Kultur in ihrer Verantwortung besitzt. Es ist zu befürchten, dass die Entscheidungen nicht in jedem Fall positiv ausfallen.
Digitalisierung und Kulturvermittlung als Chance
Ein großer Teil der Museen hat mittlerweile wieder geöffnet. Die Gefühle sind dabei vermutlich nicht selten gemischter Natur, wie es Marion Schael vom Kunstmuseum Ahrenshoop beschreibt. Die Kosten für den Betrieb werden die Einnahmen aufgrund erhöhtem Personalbedarfs und geringerer Besucherzahl sicherlich noch eine Zeit lang überschreiten, doch eine wirkliche Alternative zur Öffnung sehe ich nicht. Wer sich dem kulturinteressierten Publikum nicht präsentiert, wird auch dann abgehängt bleiben, wenn eines Tages der Regelbetrieb wieder möglich sein wird. Die öffentlichen Museen müssen ihre Aufgaben in der Gesellschaft wahrnehmen, stellt Michael Grisko fest.
Da können die zahlreichen in den letzten Wochen aus der Not geborenen digitalen Angebote häufig nur als Überbrückung oder Ergänzung dienen. Das analoge Erlebnis mit dem Original werden sie nicht verdrängen – und sollen sie auch nicht. Aber die Situation sollte als Chance verstanden werden, die Digitalisierung und damit auch die Kulturvermittlung im eigenen Museum dauerhaft auf ein neues Level zu stellen. Das Europäische Hansemuseum in Lübeck bietet zum Beispiel neuerdings außerschulische Lernangebote per Video-Chat. Weitere Ansätze stellt Anke von Heyl vor und betont dabei die besondere Rolle der Kulturvermittlung in dieser Krise:
Es wird viel von Kulturvermittlung gesprochen in diesen Tagen. Das sehe ich gerne, zeigt es doch, dass genau jetzt die Stunde derjenigen geschlagen hat, die sonst gerne als nachrangige Disziplin im Ökosystem der Kulturproduktion gesehen wurden. Wobei wir schon ein erfreuliches Aufbrechen hierarchischer Strukturen sehen und die Vermittlung viel öfter als früher von Anfang an in Projekte eingebunden wird.
Hoffnung auf Normalität
Daniela Sistermanns vom Marta Herford beschreibt ihre Hoffnungen und Visionen mit folgenden Worten:
Ich würde mir sehr wünschen, dass sich die Relevanz von Kultureinrichtungen während und auch nach der Corona-Pandemie noch stärker im politischen Bewusstsein verankert. Vielleicht gelingt es sogar eines Tages, dass ihr Stellenwert weniger an nackten Zahlen als an ihrem gesellschaftlichen Auftrag und den damit verbundenen Wirkungen gemessen wird.
Wir alle sehnen uns nach Normalität. Die Öffnung der Museen kann ein Stück dazu beitragen, auch wenn der Besuch eines Museums mit Mundschutz sicher keinen uneingeschränkten Genuss darstellt. Wie wäre es in diesen Tagen daher mit einem Freilichtmuseum? Die Einrichtungen brauchen jetzt unsere Unterstützung!
Ein Kommentar zu “Die Öffnung der Museen in der Coronakrise”