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Erstes Urteil zum Abriss einer Villa in Dresden-Blasewitz

Posted on – zuletzt aktualisiert am 23. Mai 2023
Villa in Dresden-Blasewitz

Die Vorgeschichte und das Urteil

Im Dresdner Stadtteil Blasewitz, auf dem Grundstück Tolkewitzer Straße 57, ist im Jahre 2014 die Villa Romana trotz gegensätzlicher Anordnung der Behörden und Einschreiten der Polizei durch den Eigentümer abgerissen worden. Daraufhin verordnete die Stadt Dresden den Wiederaufbau des denkmalgeschützten Objektes auf dessen Kosten. Zudem wurde wegen einer Brandserie in der Villa, die diese erheblich beschädigte, gegen den Eigentümer ermittelt. Das Verfahren ist aber mittlerweile eingestellt. Der Eigentümer wehrte sich juristisch gegen die Anordnung der Stadt Dresden. Unter dem Vorsitz von Richterin Claudia Kucklick endete die mündliche Verhandlung mit Urteil vom 26. September 2017 (Az. 7 K 2270/15) am Dresdner Verwaltungsgericht.

Das Gericht entschied nun, dass die Anordnung der Stadt Dresden nicht rechtmäßig, weil unverhältnismäßig war. Dies gelte auch ungeachtet des Umstandes, ob zum Zeitpunkt der Baggerarbeiten noch ein Denkmal vorgelegen habe und in welcher Weise die Veranlassung der sogenannten Sicherungsmaßnahmen durch den Kläger rechtlich zu werten sei. Wegen der grundlegenden Bedeutung der Entscheidung ist die Berufung zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen.

Update (23.05.23): Nach nunmehr fast sechs Jahren folgte die überraschende Wende vor Gericht. Das Haus ist in der ursprünglichen Form neu zu errichten. Gleichzeitig wurde der Antrag auf eine Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus an gleicher Stelle nicht bewilligt. Offensichtlich ging es dem Eigentümer hier doch nur darum, das Grundstück so gewinnträchtig wie möglich einzusetzen, wobei der Denkmalschutz der Villa im Wege stand.

Villa Romana in Dresden-Blasewitz, Tolkewitzer Straße 57
Villa Romana im Jahre 2013, Quelle: Giorgio Michele bei Wikimedia, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Signalwirkung für Grundstücksspekulanten?

Das sind soweit die Fakten! Vielmehr wiegt aber die Signalwirkung des Urteils. Es kann als Blaupause für Grundstücksspekulanten dienen, wie man sich trotz behördlichen Verbotes unliebsamer Kulturgüter entledigt. Juristische Folgen wären, würde dieses Urteil rechtskräftig werden, nicht zu erwarten. Der Denkmalschutz wird auf diese Weise ausgehöhlt und verkommt zu einem zahnlosen Tiger. Das ist nicht nur juristisch, sondern vor allem gesellschaftlich bedenklich.

Ein ähnlich dreistes Vorgehen beim illegalen Abriss eines denkmalgeschützten Hauses erregt derzeit die Gemüter in München-Giesing. Die gesetzgebende Politik und die Justiz, die die Deutungshoheit innehat, sollten den Denkmalschutz stärken und das Feld nicht den finanziellen Interessen der Spekulanten überlassen. Dies ist aber wohl in einer Zeit, in der Lobbyismus einen wesentlichen Beitrag zu den politischen Entscheidungen dieses Landes beiträgt, ein frommer Wunsch.

Eigentümer Diplomingenieur Dieter Kolbe aus Rüsselsheim, der das Haus erst 1997 gekauft hatte, stellt sich indes vor der Presse als Opfer dar, der vom der Denkmalschutzbehörde drangsaliert wird. Die Villa sei ohnehin nicht zu retten gewesen, behauptet er. Einen Sinn seines Lebens sehe er darin, seinen Erben das zu vermachen, was er sich mit seiner Frau aufgebaut hat. Sein Anwalt betont, dass der für 750.000 € veranschlagte Wiederaufbau seinen Mandanten ruinieren würde. Dass das Grundstück in bester Elblage ohne Auflagen des Denkmalschutzes und frei zur Bebauung ein Vielfaches dessen wert ist, was es vor dem Abbruch eingebracht hätte, glaube ich dabei gerne.

Die Moral dieser Geschichte könnte daher lauten: Kaufe ein denkmalgeschütztes Objekt mit Grundstück in bester Lage, lasse es verfallen, hoffe auf eine Brandserie und dann reiße das Objekt gegen den Widerstand von Behörden und Polizei in einer Nacht- und Nebelaktion ab. Dann ist der Weg frei für eine Neubebauung oder den Verkauf des wertvollen Grundstücks. Ich hoffe inständig, dass dieses Szenario nicht Wirklichkeit wird.

Strafanzeige wegen Blogbeitrag

Update (09.01.18): Herr Kolbe scheint ein Freund der sehr direkten Methoden zu sein. Anstatt den Dialog mit mir zu suchen, hat er aufgrund meines Artikels Strafanzeige wegen Beleidigung [sic!] nach § 185 StGB gegen mich gestellt. Das Verfahren ist wenig überraschend sehr schnell eingestellt worden. Polizei und Staatsanwaltschaft haben besonnen und mit Übersicht reagiert. Ich bin doch überrascht darüber, was für eine Aufmerksamkeit mein kleiner Kulturblog doch erregt und wie erschreckend einfach es ist, sich mit dem Einsatz für Denkmalschutz Feinde zu machen.

In dem Sinne möchte ich einen offenen Brief an Herrn Kolbe folgen lassen:

Lieber Herr Kolbe,

ich bin über ein halbes Dutzend Kommunikationskanäle zu erreichen. Vielleicht hätte eine Kontaktaufnahme die Missverständnisse, die bei Ihnen offensichtlich bei der Lektüre meines Blogbeitrages entstanden sind, beseitigt. Welches Pferd Sie hier geritten hat, meinen zwar sehr kritischen, aber fern jeder Beleidigung angesiedelten Artikel mit einer Strafanzeige zu begegnen, wird wohl Ihr Geheimnis bleiben. Ich frage mich vielmehr, ob Sie auf die Kommentare diverser Leser in der regionalen Presse – diese waren meiner Ansicht nach zum Teil wirklich juristisch zu beanstanden – ebenfalls mit Strafanzeigen reagiert haben. Oder bin ich nur ein zufälliges Opfer geworden?

Herr Kolbe, auf Ihrem Grundstück ist mutwillig Kulturgut zerstört worden. Juristisch sind Sie trotz dieser Tatsache bisher mit einem blauen Auge davongekommen. Im Gegenzug belästigen Sie Menschen, die sich für den Schutz von Kulturgütern einsetzen, mit absurden Strafanzeigen. Sie stehlen damit nicht nur meine Zeit, sondern vor allem die der Ermittlungsbehörden, die sicher Besseres zu tun haben, als sich mit derart an den Haaren herbeigezogenen Anschuldigungen zu beschäftigen. Und Sie verschwenden auch noch Ihre eigene Lebenszeit.

Lassen Sie es gut sein und genießen Sie Ihren Ruhestand!

Mit freundlichen Grüßen

Damian Kaufmann

Update (30.01.18): Ich habe meine Erfahrungen in dieser Angelegenheit in einem weiteren Blogbeitrag zu einem Ratgeber verarbeitet.

10 Kommentare zu “Erstes Urteil zum Abriss einer Villa in Dresden-Blasewitz

  1. „Das Gericht ( in Dresden ) entschied nun, dass die Anordnung der Stadt Dresden nicht rechtmäßig, weil unverhältnismäßig war.“

    Richtig !

    Was soll nun dieser merkwürdige “ offene Brief “ den sowieso kaum jemand zur Kenntnis nimmt. Sind Sie doch froh, daß die Justiz Sie ungeschoren davon kommen lässt. ( Jeder vernünftige Mensch der Ihre unsäglichen Blog Einträge, ( zum Thema ), zur Kenntnis nimmt, wundert sich. )

    Was soll dieser Quatsch:

    „Herr Kolbe, auf Ihrem Grundstück ist mutwillig Kulturgut zerstört worden.“

    Was genau geht Sie denn das Grundstück von Herrn Kolbe an ?
    Was wollen Sie mit Ihrer blödsinnigen Aussage über Zerstörung von Kulturgut aussagen ?

    Ihr merkwürdiges Wissen schöpfen Sie aus irgendwelchen Zeitungen, die genau so wenig Ahnung von der Materie haben wie Sie selbst.
    Erbärmlich !
    Sie und Ihresgleichen erinnern mich an diverse Ewiggestrige, die sich im Prinzip selbst nicht leiden können, aber über alles was ihnen nicht passt, ihre Müllkübel ausgießen.

    Sorry. aber Sie haben sich selbst disqualifiziert Herr Damian Kaufmann.

    Mit nicht sehr freundlichen Grüßen von einem der diese Angelegenheit schon sehr lange verfolgt.

    PS.: Haben Sie eigentlich, bevor sie Ihre unsäglichen Blog Einträge ins Netz gestellt haben, mit Herrn Kolbe über das Thema gesprochen ??

    1. Bernd, sehen Sie es mir bitte nach, dass ich auf Ihren Rundumschlag gegen die Presse und jeden, der über die Geschehnisse um die Villa Romana in Dresden berichtet hat, nicht detailliert eingehe. Da es aber in der Bloggerszene als unhöflich gilt, auf Kommentare nicht zu reagieren, lassen Sie mich zumindest auf eine Bemerkung antworten: Sie meinen, dass den offenen Brief niemand wahrnimmt. Nun, zumindest Herr Kolbe hat ihn wahrgenommen, wenngleich nicht wirklich verinnerlicht, denn er hat mir darauf hin einen doch etwas wirren Brief zukommen lassen, in dem er mir unter anderem unterstellt, ich würde in meinem Blogbeitrag von ihm aufgenommene Fotos der Villa aus dem Jahre 1977(!) verwenden.

      Aber ich würde vermuten, dass Sie das alles schon wissen, Bernd, so wie Sie sich hier persönlich involviert zeigen. Ich will doch nicht hoffen, dass Sie ihm diesen Floh ins Ohr gesetzt haben. Mein Rat, er solle seinen wohlverdienten Ruhestand genießen, ist wirklich gut gemeint. Interviews zu geben und sich dann über die kritische Berichterstattung zu beklagen, ist nicht der goldene Weg. Der Rummel um seine abgerissene Villa wird sich auch wieder legen.

  2. Die Reaktion von Herrn Kolbe kann man nur als „bemerkenswert“ bezeichnen. Schade, dass Herr Kolbe den Weg der Strafanzeige wählt, statt den Dialog zu suchen.

    Die Wortwahl in dem Beitrag von Bernd ziemt sich nicht. Ich zitiere:

    Was soll dieser Quatsch:
    „Herr Kolbe, auf Ihrem Grundstück ist mutwillig Kulturgut zerstört worden.“ Was genau geht Sie denn das Grundstück von Herrn Kolbe an ? Was wollen Sie mit Ihrer blödsinnigen Aussage über Zerstörung von Kulturgut aussagen ?

    Wenn man Aussagen als blödsinnig bezeichnet, nur weil man anderer Auffassung ist, verletzt man die Grundregeln, die im Meinungsaustausch gelten. Und sobald ein Eigentümer ohne Genehmigung des Denkmalamtes ein Baudenkmal abreißt, geht es „andere etwas an“. Ein Eigentümer muss in diesem Moment Kritik ertragen. Ich erinnere an Artikel 14 unserer Verfassung:

    „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

    1. Ich versuche – soweit mir das aus der Ferne möglich ist – die Angelegenheit im Blick zu behalten. Es stellt sich nämlich die berechtigte Frage, was nun auf dem Grundstück erbaut wird. Das wiederum könnte Hinweise auf die Intention des Handelns geben.

  3. Wird in dieser Sache noch weiterverhandelt? Der Wiederaufbau wurde ja vorerst gestoppt, doch die Frage ist, wie bereits von Ihnen erwähnt, Herr Kaufmann, inwiefern eine Bebauuung ermöglicht wird. Sollte dies tatsächlich zugelassen werden, hätte das eine verheerende Signalwirkung für Bauherren, die sich denkmalgeschützer Bauwerke entledigen wollen, wie es in diesem Fall hier erfolgte.

    1. Mir ist in der Sache nichts Neues zu Ohren gekommen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich nicht vor Ort bin und weitgehend nur über die Medien informiert sein kann.

  4. Das vom Kläger angerufene Sächsische OVG hat das Urteil des VG Dresden am 27. September 2018 im Ergebnis bestätigt, allerdings mit einer anderen Begründung. (Ermessensfehler bei der sog. Störerauswahl der Anordnung , weil es neben Herrn K. noch weitere Miteigentümer gab) Siehe https://www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/document.phtml?id=5375

    Merkwürdigerweise scheinen die Medien von diesem Urteil damals keine Notiz genommen zu haben. Auf dem Grundstück befindet sich heute ganz am Rand (und damit an anderer Stelle als die Villa) ein zweistöckiger Neubau. Das Grundstück wurde offenbar nicht veräußert, zumindest steht der Name von Herrn K. am Briefkasten.

    1. Kleine Korrektur zu meinem Beitrag von gestern: Nicht der Kläger, sondern die unterlegene Beklagte (Stadt Dresden) hatte – erfolglos – Berufung eingelegt.

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