Ein illegaler Akt der Zerstörung
Wer geglaubt hat, der illegale Abriss denkmalgeschützter Objekte wie jüngst in Dresden könne sich nicht wiederholen, der wurde nun im Münchener Stadtteil Giesing eines Besseren belehrt. Giesing war bis zu seiner Eingemeindung 1854 eine eigenständige Landgemeinde. Das Ortsbild war geprägt von Siedlungen der Handwerker und Tagelöhner, die in München nicht in die Zünfte aufgenommen wurden oder kein Bürgerrecht erhielten.
Ein solches Handwerkerhaus aus der Zeit um 1840 hatte sich bis vor wenigen Tagen in der Oberen Grasstr. 1 in Obergiesing erhalten. Optisch unscheinbar und sanierungsbedürftig war es aber vor allem ein wichtiges historisches Zeugnis der Entwicklung und Geschichte Giesings und stand unter Denkmalschutz. Am 1. September wurde es in einer Nacht- und Nebelaktion illegal abgerissen, nachdem Anwohner und Polizei dieses einen Tag zuvor noch verhindern konnten.
Verantwortlich hierfür ist die Baufirma CSH Baubetreuung GmbH und ihr Geschäftsführer Cüneyt Camurlu. Die Website der Firma ist seit einigen Tagen nicht mehr erreichbar, Camurlu vorerst für die Presse nicht zu sprechen. Bemerkenswert ist allerdings, dass der Bauträger von einem Unfall spricht. Dieser Darstellung ist schwer Glauben zu schenken, da es zwei Versuche an aufeinander folgenden Tagen für den Abriss gab. Zeugen berichten zudem, dass Bauarbeiter „Schmiere standen“ und ebenso wie der Baggerführer vor der Polizei geflüchtet seien, anstatt den Bauschutt von der Straße zu räumen. Ein unfassbarer Vorgang!
Konsequenzen gefordert
Die Politik in München – auch Oberbürgermeister Dieter Reiter – hat sich bereits zu Wort gemeldet und verurteilt den Vorgang aufs Schärfste. Konsequenzen und hohe Strafen werden gefordert. 250000€ Bußgeld stehen im Raum. Es ist allerdings zu befürchten, dass die Verantwortlichen die Summe aus der Portokasse bezahlen können. Haben wir es hier mit einem gezielten Akt der illegalen Zerstörung zu tun haben, um aus Immobilienspekulationen Gewinn zu erzielen? In diesem Zusammenhang wäre die Identität des Eigentümers von größtem Interesse für die Einordnung und Aufklärung des Sachverhaltes.
Es ist zu hoffen, dass alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden, damit der Bauherr aus der Situation nicht auch noch Profit ziehen kann. Dies wäre ein fatales Zeichen für potentielle Nachahmer. Und grundsätzlich muss sich der Gesetzgeber Gedanken darüber machen, wie man zukünftig mit verschärften Sanktionen illegale Aktionen wie in Dresden und München zu Lasten des Denkmalschutzes und somit der Gesellschaft verhindern möchte.
Update (20.10.17): Mittlerweile kündigte die Stadt an, eine Verfügung zu erlassen, das Haus vollständig wiederherzustellen. Ob dies allerdings auch juristisch durchzusetzen sein wird, ist offen, wie ein ähnlich gelagertes Beispiel aus Dresden zeigt. Eigentümer Andreas Stauber aus Neuried bleibt dagegen weiterhin untergetaucht und reagiert nicht auf Presseanfragen. Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass der Unternehmer, der auch Geschäftsführer der Rohrreinigungs-Service RRS GmbH aus Baierbrunn ist, bereits zuvor Bauauflagen an einer anderen Münchner Immobilie nicht eingehalten hat. Die Rohrreinigungs-Service RRS GmbH wirbt im Übrigen mit folgenden Ausführungen:
Für private Haushalte, Gewerbe und Industrie sowie für die Stadtentwässerung München sind wir deshalb nicht nur ein Dienstleister, sondern ein verlässlicher Partner – seit 1970.
Die Münchner Stadtentwässerung (MSE) verneint allerdings eine derartige Geschäftsbeziehung. Man würde gegen das Unternehmen rechtliche Schritte prüfen.
Update (01.12.17): Das Stühlerücken beginnt! Laut Handelsregister vom 14.11.2017 wurde aus der für den Abriss verantwortlichen CSH Baubetreuung GmbH mit Sitz in München die Black Lotus Investition und Baubetreuung GmbH mit Sitz in Forchtenberg bei Heilbronn. Cüneyt Camurlu wich dem neuen Geschäftsführer Hamdi Atici. Ob dies ausreicht, um die Spuren zu verwischen oder den Ruf wiederherzustellen?
Erstes Urteil
Update (16.07.19): Ein erster Urteilsspruch in der Angelegenheit fiel für die Stadt München enttäuschend aus. Diese wollte den Eigentümer des Uhrmacherhäusls mit einer Anordnung zur Wiederherstellung des denkmalgeschützten Hauses zwingen. Das scheiterte nun vorerst vor dem Verwaltungsgericht München. Besonders ärgerlich ist dabei, dass das Gericht gar nicht in der Sache entschieden hat, sondern Verfahrensfehler der Stadt rügte. Man hätte zunächst gegen den Bauunternehmer vorgehen müssen. Einer neuen Anordnung würde aber nichts im Wege stehen.
Die verantwortliche Baufirma ist ja jetzt jedem bekannt. Aber wer ist eigentlich der Bauherr?
bekannt ist nur der Vorname „Andreas“….
Der Name ist Andreas Stauber; er ist Geschäftsführer der Rohrreinigungs-Service GmbH in Baierbrunn.
Das steht ja bereits in meinem Artikel.
Für was haben wir eigentlich einen Oberbürgermeister? Ist er nur bei Grundsteinlegungen, Einweihungen usw. vorhanden.
Soweit ich es aus der Presse entnehmen kann, ist der Oberbürgermeister sehr bemüht darum, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Was konkret werfen Sie ihm denn vor?
Warum schreib ich, wenn es nicht veröffentlich wird. Die Öffentlichkeit sollte über die Handlungen und Aufgaben der Baubehörde aufgeklärt werde. Alles nur Augenwischerei .
Dass die Kommentare erst von mir frei geschaltet werden müssen, hat gute Gründe, also bitte ich um etwas Geduld. Was genau meinen Sie mit Augenwischerei? Was genau ist das Problem mit der Baubehörde? Pauschale Anschuldigungen bringen niemanden in der Sache weiter.
komme mir vor wie am Stammtisch…