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Blogparade #personalbrandmix
Die Kommunikations-Expertin Kerstin Hoffmann – bekannt als PR-Doktor – ruft nach 2018 zu einer Neuauflage ihrer Blogparade #personalbrandmix auf. Das ist ein guter Anlass für mich, den eigenen Auftritt und die eigene Kommunikation im Netz kritisch zu analysieren. Ansätze hierfür gäbe es viele, doch erscheint mir der Blick auf das soziale Netzwerk Twitter in diesem Kontext besonders vielversprechend.
Von der Persönlichkeit zur Personenmarke
Was ist Personal Branding überhaupt und wie entwickelt sich eine Personenmarke? Hoffmann schreibt dazu:
Jeder von uns ist eine Personenmarke – auf die eine oder andere Weise; öffentlich oder im privaten Kreis; beruflich oder ehrenamtlich. In dem Moment, in dem wir mit anderen interagieren (oder auch uns bewusst entscheiden, nicht zu interagieren) erzeugen wir bei anderen einen Eindruck, ein Bild. Wir besitzen eine Reputation, ein Image. Wenn wir dies im professionellen Bereich bewusst gestalten, betreiben wir Personal Branding.
Im Grunde führt also Kommunikation, insbesondere mit einem großen Publikum wie wir es im Internet und speziell den sozialen Medien vorfinden, zur Herausbildung einer Personenmarke. Dabei bringen wir unsere Persönlichkeit ein. Verbinden wir dies mit einer Strategie, mit einer klaren Positionierung und mit Zielen, so fördern wir bewusst unser Personal Branding.
Twitter im Kommunikationsmix
Von allen meinen Kommunikationskanälen ist Twitter der schnelllebigste, aber dadurch auch der direkteste und flexibelste. Twitter erlaubt es wie kaum ein anderes Medium, seine Personenmarke zu formen. Dazu trägt nicht zuletzt die flache Hierarchie und die Vielfältigkeit der Themen bei, wodurch der Austausch mit der eigenen Zielgruppe oder der Einstieg in Expertenkreise vergleichsweise einfach gelingt.
Die Marke als Ausgangspunkt
Als Freelancer bin ich seit meinem Start auf der Plattform einen ambivalenten Weg gegangenen, der dennoch schnell zum anvisierten Ziel, der Positionierung bei relevanten Themen geführt hat. Nach rund 19 Monaten folgen mir bisher über 600 Accounts, die sich fast ausschließlich aus dem Kulturbereich speisen. Und ebenso wichtig: Die Zahl der Follower wird in Kürze diejenige der Gefolgten übersteigen – ein Indikator für eine gewisse Relevanz im eigenen Themenspektrum.
Dabei setzte ich zunächst auf die Marke Zeilenabstand.net und entsprechender Wortbildmarke (Logo). Meine Person und Persönlichkeit rückten in den Hintergrund. Mit Sicherheit war mein kleines Netzwerk hilfreich, das ich mir über Blog und andere Social-Media-Plattformen wie Facebook bereits aufgebaut hatte. So erfolgte mein Einstieg bei Twitter nicht als Kaltstart.
Mehr Persönlichkeit wagen
Erst nach rund einem Jahr entschied ich mich – obwohl der bisherige Weg durchaus erfolgreich verlief – die eigene Persönlichkeit deutlicher hervortreten zu lassen. Das Logo wich einem (leicht verfremdeten) Portrait als Profilbild. Der Name des Accounts wurde modifiziert und trägt seitdem zusätzlich meinen „bürgerlichen“ Vor- und Zunamen. Der Nutzername (nicht zu verwechseln mit dem obigen Account-Namen) musste aus technischen Gründen freilich bleiben.
Das Titelbild und die Kurzbiografie verbinden diese beiden Sphären miteinander. Sie stellen meinen Namen in Bezug zu meiner Marke sowie meinen Expertisen und Interessen. Im Übrigen tauchen das Bildmotiv und die Kurzbuschschreibung in dieser Form auf Website, Flyer und anderen Social-Media-Plattformen als Corporate Design immer wieder auf.
Diese Kurskorrekturen erlaubten es mir, mich auch für andere Themen zu öffnen, mich persönlicher und authentischer zu äußern, mich deutlicher zu positionieren. Natürlich birgt dieser Weg auf der anderen Seite die Gefahr, sich in Diskussionen zu verlieren, die der eigenen Profilbildung nicht zuträglich sind. Ähnlich wie Barbara Kettl-Römer kämpfe ich dabei gegen die Aufweichung der Personenmarke an. Ich übe mich daher täglich in der Disziplin, den schmalen Grat zwischen Profilierung und Vielseitigkeit nicht zu weit zu verlassen.
Authentizität und Passion
Worum geht es überhaupt beim Personal Branding? Was ist der zentrale Kern? Daniela Heggmaier drückt es mit diesen Worten aus:
Wichtig beim Personal Branding ist, dass wir kontinuierlich relevante Bestandteile unseres Lebens, unserer Berufstätigkeit und unserer Persönlichkeit so in Bilder, Texte und Bewegtbild übersetzen, dass ein echtes Bild von uns über alle Kanäle hinweg entsteht: Ein authentisches Bild, das unserer Wirkung auf Menschen im echten Leben am nächsten kommt.
Überhaupt ist Authentizität eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbildung der Personenmarke. Ich versuche sie zu erreichen, indem ich im privaten wie im geschäftlichen Umgang die gleichen Werte lebe. Vor allem ist die Überschneidung privater und beruflicher Interessen für mich persönlich der entscheidende Erfolgsfaktor. Dies praktizierte ich bereits in meinem Berufsleben vor der Selbständigkeit. Und auch bei Twitter ist dieser Ansatz ausgesprochen gut realisierbar. Seit Jahren arbeite ich daher nach meinem Motto:
Ein Job ohne Leidenschaft ist nur ein Job!
Das beschreibt jene Passion, die auch die PR-Beraterin Marie-Christine Schindler für ihre Arbeit empfindet und die sie antreibt:
Mein Privileg ist es sicherlich, dass für mich mein Beruf, als PR-Beraterin Menschen, Unternehmen und Organisationen in der Online-Kommunikation zu unterstützen, zur Passion geworden ist. Ich liebe es zu erforschen, wie sich Corporate Communications durch die Digitalisierung verändern. Das treibt mich an. Jeden Tag aufs Neue. Und genau hier denke ich, dass jede Personenmarke ihren Ursprung hat: Du musst wissen, wer du bist.
Ein authentischer Auftritt ist natürlich nicht nur für Einzelpersonen ein Erfolgsrezept, sondern auch für Unternehmen und letztlich auch für Kulturinstitutionen, mit denen ich vorwiegend zusammenarbeite. Darauf verweist die Kunsthistorikerin und Kulturvermittlerin Tanja Praske absolut richtig.
Grenzen setzen
Nun stellt sich vielen, die in den sozialen Netzwerken agieren, die Frage, wie viel Persönliches das richtige Maß darstellt. Grundsätzlich muss jeder dabei seinen eigenen Weg finden, aber ich selbst versuche stets Persönliches von Privatem zu trennen. Letzteres hat in der Öffentlichkeit wenig verloren. Oder man lässt sich von einem sehr anschaulichen Vergleich leiten, den ich einst im Netz entdeckt habe:
Gebe niemals etwas preis, was du nicht in Großbuchstaben auf der Straßenseite gegenüber deinem Elternhaus lesen möchtest.
Und dann ist da noch das ungeschriebene Gesetz, niemals über Politik zu sprechen. Das gilt natürlich nicht, wenn man seine Personenmarke im politischen Umfeld aufbaut. Aber was ist heute in Zeiten der gesellschaftlichen Spaltung überhaupt noch unpolitisch? Gerade bei Twitter ist es leicht, sich darin zu verfangen. Ob man bereit ist, dieses Risiko einzugehen, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Ich bin dazu bereit, denn ich sehe mein Engagement nicht als politisch motivierten Akt, sondern als gesellschaftliche Pflicht, wenn ich den Höckes und Maaßens dieser Welt mit ihren Hassbotschaften und Verschwörungstheorien widerspreche. Und ich diskutiere bei Digitalisierung und Digitalpolitik leidenschaftlich mit, denn hier kann ich nicht nur meine Expertise einbringen: Diese Themen betreffen mich auch unmittelbar in meiner beruflichen Existenz. Dabei mache ich keinen Hehl daraus, dass ich für eine freies Internet demonstrieren gehe und dieses natürlich über Twitter live kommuniziere. Auch dieser Weg kann zu einer hoffentlich positiven Personenmarke beitragen.
Zielsetzung und Ergebnisse
Was können und wollen wir aber genau mit Personal Branding – speziell bei Twitter und anderen sozialen Netzwerken – erreichen? Die Palette der möglichen Ziele und Wirkungsebenen ist vielfältig, sie weisen aber letztlich immer dieselbe Stoßrichtung auf:
- Expertise zeigen
- Attraktivität für die Zielgruppe steigern
- Profilierung
- Vertrauen aufbauen
- Netzwerke aufbauen
- Aufmerksamkeit erzeugen
- Sichtbarkeit erhöhen
In meinem Fall scheint die Strategie durchaus aufzugehen. Ich empfinde kein anderes soziales Netzwerk so bereichernd und inspirierend wie Twitter. Hier komme ich mit Experten in Dialog, hier baue ich Netzwerke auf, hier kann ich meine Botschaften an die Zielgruppen aussenden. Twitter ermöglicht mir dabei einen einzigartigen Mix aus privaten und beruflichen Interessen, der meine Personenmarke ausmacht.
Das liest sich spannend – vielleicht sollte ich meine Abneigung gegen Twitter doch noch überwinden …
Unbedingt! Twitter ist so direkt und schnell wie kaum eine andere Plattform und lässt trotzdem Raum für die eigene Person und die eigene Expertise. Im Kulturbereich klappt es ausgezeichnet.
Lieber Damian,
danke fürs Verlinken – ja, Authentizität ist das Wichtigste für mich. Und ja, ich kenne das anfängliche Unwohlsein von Privatheit im SocialWeb. Vielleicht muss man hier eher von persönlich statt privat sprechen. Meine Kids und Familie bleibt privat, auch so manche emotionale Krise. Persönlich wird es dann, wenn mich etwas bewegt, dann zeige ich schon, was mich ausmacht, ohne ins Private zu gehen.
Schon witzig, dass Kerstin nach 2018 erneut personalbranding angeht. Mag es auch daran liegen, dass ganz aktuell Corporate Influencer als Buzzthema durch die Marketing-Agenturen geistert. Dinge, die wieder so logisch sind und in der Kultur praktiziert werden, ohne Aufhebens davon zu machen, wenngleich sie ruhig hier mehr in den Fokus gerückt werden können.
Es arbeitet gerade sehr in mir, auch wenn #ErikaMann gerade viel absorbiert und andere Projekte in Vorbereitung stehen. Aber ja, ich werde mein Blog wieder aktiver gestalten, trotz der spannenden Projekte.
Ich lese dich viel, werde wieder verstärkt das im Netz zeigen. Werde den Artikel im nächsten Newsletter aufnehmen.
Sehen wir uns auf der Maitagung in München? Fällt mir auf, bislang kennen wir uns nur im Netz. Wird Zeit, das zu ändern, gell?
Herzlich,
Tanja
Liebe Tanja,
danke für deinen ausführlichen Kommentar. Die Trennung zwischen Privatem und Persönlichem halte ich auch für einen ganz wichtigen Punkt, um den schmalen Grat zu betreten, den das Social Web mitbringt. Ich hoffe, das ist in meinem Beitrag deutlich geworden.
Ja, es ist schade, dass wir uns noch nicht persönlich getroffen haben. Du machst ja viele spannende Projekte, aber ich muss gestehen, dass mir dafür die Anreise in den Süden der Republik meist zu weit ist.
Bei der Maitagung bin ich auch nicht dabei. Ich schaffe es im Jahr vielleicht auf 3 oder 4 Veranstaltungen. Im April halte ich einen Vortrag bei FOCUS:Museum: https://www.focus-museum.de/programm-tickets/
Angesichts der vielen Veranstaltungen, die jetzt aufgrund des Corono-Virus abgesagt werden, habe ich aber die Befürchtung, dass auch in der Kultur die eine oder andere Tagung gestrichen wird.