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Geschichte der Domstadt
Mit Superlativen lassen sich Touristen anlocken. Die Kleinstadt Ribe im Süden Jütlands trägt den Titel der ältesten Stadt Dänemarks aber nicht ganz zu Unrecht und ist auch darüber hinaus zu den schönsten im Land zwischen Nord- und Ostsee zu zählen. Durch die Stadt schlängelt sich das Flüsschen Ribe Å, um einige Kilometer später in die Nordsee zu fließen.
Als der Missionar Ansgar im Jahre 860 in Ribe eine erste Kirche ansiedeln durfte, existierte der bedeutende Handelsort bereits. Mit dieser Kirchengründung ist aber nicht nur die erste Erwähnung Ribes, sondern auch der erste Kirchenbau Skandinaviens verbunden. Bereits daran ist die Relevanz des Ortes für die dänische Geschichte abzulesen.
Seit 1117 ist Ribe Bischofssitz, 1145 sind Domkapitel und Domschule bezeugt. Der erste steinerne Dombau entstand ebenfalls im 12. Jahrhundert. Ribe wurde im Mittelalter zu einem Zentrum christlichen Lebens. Neben dem Dom existierten unzählige weitere Kirchen in der Stadt, die aber mit Ausnahme des Dominikanerklosters im Zuge der Reformation alle verschwanden. Das seit dem 12. Jahrhundert existente Schloss Riberhus wurde im 17. Jahrhundert zerstört. Auch die Bedeutung Ribes als Handelszentrum ging in der frühen Neuzeit mit der Verlagerung der Handelsrouten zurück.

Der Dom
Der Dom ist das unbestrittene Zentrum Ribes: historisch, architektonisch und geographisch. Es ist daher sicher eine gute Idee, den Rundgang durch die Stadt genau hier zu beginnen. Der Mitte des 12. Jahrhunderts begonnene hochromanische Bau ist trotz späterer Eingriffe und Umbauten deutlich auszumachen. Markant ist das verwendete Baumaterial: Tuffstein aus der Eifel, das über den Rhein und die Nordsee in den Norden transportiert wurde. Die Kapellen aus Backstein und der Nordturm sind spätmittelalterlich und bilden einen reizvollen Farbkontrast zum Tuff.

Der Außenbau ist geprägt von der purifizierenden Restaurierung von 1882 bis 1904, bei der auch der im 18. Jahrhundert niedergelegte Südturm in rheinischen Formen neu errichtet wurde. Hervorzuheben ist dagegen das Südquerhausportal aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Im Tympanon ist ein Relief der Kreuzabnahme zu sehen. Das Giebelfeld darüber ist eine Zutat der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts und zeigt die Darstellung des Himmlischen Jerusalems und die königlichen Stifter des Domes.


Das Dominnere überrascht mit dem Wandaufbau und den kuppelartigen Gewölben mit wulstigen Rippen über figürlichen Konsolen, die einer Planänderung noch vor der Mitte des 13. Jahrhunderts zuzurechnen sind. Wölbung und Emporen tragen den Einfluss rheinischer Architektur der spätesten Romanik – gerne auch als Übergangsstil bezeichnet. Zu denken ist hier unter anderem an die Liebfrauenkirche in Andernach als frühe Vertreterin der rheinischen Emporenbasilika, die Stiftskirche St. Quirin in Neuß oder die Pfarrkirchen von Boppard und Sinzig als späte Beispiele.

Rund um den Marktplatz
An der Südostecke des Marktes steht das mittelalterliche Rathaus aus dem späten 15. Jahrhundert. Der Backsteinbau mit seinen Stufengiebeln wirkt etwas versteckt, da seine traufenständige Hauptfassade nicht zum Platz weist, sondern stadtauswärts zur Dagmarsgade. Rund um den Dom finden sich zahlreiche historische Häuser aus den Epochen Renaissance, Barock und Klassizismus. Ihre Konstruktion mit Fachwerk, Backstein oder mit verputzten Fassaden gibt dem Marktplatz ein abwechslungsreiches, buntes Gepräge.


Von den meisten Touristen wahrscheinlich nicht entsprechend gewürdigt, befindet sich südlich des Domes eine archäologische Ausgrabungsstätte, die die Fachkundigen aufhorchen lässt: Hier sind Reste des backsteinernen Domherrenklosters aufgedeckt worden, die in die 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts zu datieren sind und damit zu den ältesten ihrer Art in ganz Nordeuropa gehören dürften. Darüber hinaus fand man Gräber aus dem 9. und 10. Jahrhundert, die dem bisher ältesten bekannten christlichen Friedhof Dänemarks zuzuordnen sind.
Bei meinem letzten Besuch in Ribe vor rund 10 Jahren wurde hier noch gegraben. Nun ist das Areal unter einem Schutzbau zu einem kleinen musealen Anschaungsraum aufgewertet worden, der über das frühe Christentum in Dänemark Aufschluss gibt. So funktioniert gelungene Öffentlichkeitsarbeit in der Wissenschaft!
Dominikanerkloster
Vorbei am Rathaus erreichen wir durch die Dagmarsgade die Katharinenkirche samt Klosteranlage. Im Mittelalter residierten hier seit 1228 die Dominikaner. Es ist neben dem Dom der einzige erhaltene sakrale Baukomplex in Ribe aus der Zeit vor der Reformation. Die malerische Anlage ist gänzlich aus Backstein erreichtet und im Wesentlichen ins 15. Jahrhundert zu datieren.

Ribes Altstadtgassen und Museen
Die Liste der Wohnbauten muss mit der Tårnborg beginnen, einem herrschaftlichen, um 1570 bis 1580 errichteten Backsteinbau, der durch einen hofseitigen Treppenturm erschlossen wird. Derartige Anlagen finden sich in jener Zeit als ländliche Herrensitze vielfach in Dänemark.


Ribe ist geprägt von zahlreichen kopfsteinbedeckten Gassen, von denen sich die schönsten südlich des Domes und Richtung Nordosten zur Ribe Å erstrecken. Sehr malerisch präsentiert sich vor allem der Bereich des alten Hafens an der Ribe Å. Vom gegenüberliegenden Ufer präsentiert die Stadt sein schönstes Panorama mit dem aus der Dachlandschaft ragenden Dom. Ribe ist der Inbegriff von Hyggeligkeit, einer speziell nordischen Form der Gemütlichkeit, die man nur begreift, wenn man dort gewesen ist.


Die Stadt hat dem Besucher mit einigen Museen noch mehr Kultur zu bieten. Die Liste der gesamten Museumslandschaft Ribes liest sich beachtlich. Die aus meiner Sicht interessantesten Einrichtungen sind:
- das stadthistorische Museum Museet Ribes Vikinger
- das Freilichtmuseum Ribe VikingeCenter
- das Ribe Kunstmuseum