Die Bauakademie zwischen Aufbruch und Zerstörung
Die Schinkelsche Bauakademie in Berlin ist eine der Ikonen europäischer Architekturgeschichte im 19. Jahrhundert. Sie war zugleich Institution und Gebäude und diente der Ausbildung von Architekten. Die bereits 1799 gegründete Akademie bezog einen Bau in Berlin-Mitte, der mit seinen charakteristischen Ziegelfassaden 1832 bis 1836 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel errichtet wurde. Er prägte über ein Jahrhundert das Straßenbild rund um den Schinkelplatz und gilt mit seiner Konstruktionsweise des Skelettbaus als Wegbereiter für die Moderne.
Wie die meisten Gebäude in Berlins Zentrum ist die Akademie im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt. Trotz weitgehend unversehrter Fassaden und dem bereits begonnenen Wiederaufbau ist sie 1962 aufgrund politischen Druckes abgebrochen worden, doch konnten Teile des Dekors geborgen werden. 2016 beschloss der Deutsche Bundestag die Rekonstruktion und gab 62 Millionen Euro für das Vorhaben frei. Die damalige Bausenatorin Katrin Lompscher sprach sich für ein Konzept nach dem Motto „So viel Schinkel wie möglich“ aus.
Stockende Rekonstruktion
Seitdem stockt das Projekt. Dabei mangelt es nicht an ernsthaften Ideen. Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, hatte bereits vor Jahren den Vorschlag eines Architekturmuseums in die Diskussion geworfen. Das ist für die Bauakademie so naheliegend wie das auffällige Desiderat einer solchen Einrichtung in einer Stadt wie Berlin, die europäische Architekturgeschichte schrieb. Dabei ist die Entscheidung über die äußere und innere Gestalt des Neubaus noch nicht abschließend gefallen.
Etwas Bewegung in die Sache könnte eine jüngst erfolgte unabhängige Forsa-Umfrage bringen, die im Auftrag des Vereins Stadtbild Deutschland, des Fördervereins Bauakademie und der Gesellschaft Historisches Berlin vorgenommen wurde. Die Befragten hatten die Wahl zwischen einer äußerlich originalgetreuen Rekonstruktion und einem modernen Neubau. Das Ergebnis hätte kaum deutlich ausfallen können: 67 Prozent bevorzugten die Backsteinfassaden von Schinkel, nur 19 Prozent würden eine moderne Gestaltung präferieren.
In der Tradition von Schinkels Ideen
Das Ergebnis der Umfrage ist auch aus einem anderen Blickwinkel bemerkenswert. Hartnäckig halten sich die Vorurteile, Rekonstruktionsprojekte in Deutschland würden Raum bieten für rechte Aktivitäten in der Mitte der Gesellschaft. Der Nährboden für die Verbreitung derartiger Zuschreibungen wird vor allem von einem Kreis Architekten und Architekturtheoretikern bereitet, die damit auch ihre eigenen Interessen vertreten. An vorderster Front agieren dabei Philipp Oswalt aus Kassel und Stephan Trüby aus Stuttgart in der Öffentlichkeit.
Doch zeigt sich hier am Beispiel Bauakademie, dass sich eine überwältigende Mehrheit der deutschen Bevölkerung – insofern das Votum halbwegs als repräsentativ bezeichnet werden darf – mit Rekonstruktionen identifizieren kann, ohne daraus eine ideologische Fragestellung werden zu lassen. Und nachdem die Politik den Weg für eine Wiederauferstehung von Schinkels Ideen schon vor Jahren geebnet hat, sollten nun endlich die nächsten Schritte gegangen werden.
Es gibt sehr gute städtebauliche Argumente dafür, die Lücke im Baugefüge des Schinkelplatzes zumindest äußerlich mit einem Original zu schließen. Das würde nicht zuletzt das rekonstruierte Berliner Schloss sowie die benachbarte Friedrichswerdersche Kirche aufwerten und eine weitere Wunde in dieser von Zerstörungen gebeutelten Stadt schließen. Und auch inhaltlich sehe ich das Original entscheidend im Vorteil, denn es steht wohl außer Frage, dass das Nutzungskonzept der neuen Bauakademie in der Tradition von Schinkel stehen wird.