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Urheberrecht und Bildrechte einfach erklärt – Lichtbild oder Lichtbildwerk?

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Historische Kamera

Problematik der Bildrechte

Blogger, Grafiker, Webdesigner, aber auch Kulturschaffende sind immer wieder mit der gleichen Problematik der Bildrechte konfrontiert, wenn sie Bildmaterial für ihre Projekte verwenden wollen. Das deutsche Urheberrecht macht es uns da aber auch nicht ganz einfach und viele Gerüchte und gefährliches Halbwissen verunsichern mehr, als dass sie helfen. Wir wollen versuchen, ein wenig Struktur in das Thema zu bringen.

Das Nutzungsrecht am Bild

Nach deutschem Recht besitzt man grundsätzlich kein Recht zur Nutzung fremder Fotografien, es sei denn, der Fotograf hat die entsprechenden Nutzungsrechte eingeräumt oder die Aufnahmen sind gemeinfrei. Letzteres bedeuten, es existieren keine Schutzrechte (mehr) für das Foto. Ein beliebter Irrtum in diesem Zusammenhang ist, dass der Urheber auf seine Rechte hinweisen muss. Richtig ist dagegen: Es ist alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. So etwas wie das allseits bekannte Copyright-Zeichen hat hierzulande aus rechtlicher Sicht keinerlei Bewandtnis.

Und noch ein beliebter Fehler: Das Urheberrecht ist nicht übertragbar! Eine Ausnahme stellt das Erbe dar. Dementsprechend kann man lediglich Nutzungsrechte an einer Abbildung erwerben. Die Bedingungen sind frei verhandelbar oder werden vom Urheber, dem Fotografen, im Vorfeld fixiert. Häufige Bedingungen sind die Vergütung oder die Namensnennung des Urhebers. Ebenso kann vereinbart werden, dass das Foto nicht verändert werden oder nun für bestimmte Zwecke – zum Beispiel nicht kommerziell – benutzt werden darf.

Eine sehr verbreitete Lösung, standardisierte Nutzungsrechte einzuräumen, sind die Creative-Commons-Lizenzen, die auch eine Weitergabe beinhalten können. Oder der Fotograf „spendet“ seine Schöpfung der Allgemeinheit und erklärt sie als gemeinfrei. Fotodatenbanken mit gemeinfreien Bildern existieren zuhauf. Ich habe die meiner Ansicht nach besten in einem eigenen Beitrag zusammen getragen.

Lichtbildwerke und Lichtbilder

Der Gesetzgeber schützt Fotografien zunächst einmal als Lichtbildwerke in § 2 UrhG. Dafür muss eine persönliche geistige Schöpfung darin zu erkennen sein. Wann dies allerdings der Fall ist, das wird von Gerichten im Einzelfall höchst subjektiv eingeschätzt. Die Übergänge zu einem einfachen Lichtbild, das ich gleich erläutere, sind da durchaus fließend. Indizien für den Werkcharakter wären eine bewusste Inszenierung und ein hoher Grad Individualität. Urlaubsfotos und Schnappschüsse sind in aller Regel nicht als Lichtbildwerke anzusprechen. Wichtig: Für derartige Werke erlischt der Schutz 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers. Die Fotos werden damit gemeinfrei.

Damit der einfache Gelegenheitsfotograf mit seinen Urlaubsbildern aber nicht vollkommen schutzlos bleibt, hält das deutsche Urheberrecht § 72 UrhG parat. Demnach erlischt das Urheberrecht an bloßen Lichtbildern bereits 50 Jahre nach dem Erscheinen des Lichtbildes oder, wenn seine erste erlaubte öffentliche Wiedergabe früher erfolgt ist, nach dieser, jedoch bereits 50 Jahre nach der Herstellung, wenn das Lichtbild innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubter Weise öffentlich wiedergegeben worden ist. Vereinfacht heißt das: 50 Jahre Schutzfrist ab Herstellung bzw. Veröffentlichung. Dass dies nicht immer einfach zu recherchieren ist, versteht sich von selbst.

Fallbeispiel

Nun kann es bei bestimmten Konstellationen zu dem Paradoxon kommen, dass Lichtbilder in der Rechtstheorie länger geschützt sind als Lichtbildwerke. Die untere Grafik visualisiert folgenden Fall: Ein Berufsfotograf macht im Jahre 1972 im Urlaub Schnappschüsse (Lichtbilder) und auf einer berufsbedingten Reise künstlerisch anspruchsvolle Aufnahmen (Lichtbildwerke), die er auch ausstellt. Der Fotograf stirbt 1982. Seine Urlaubsfotos werden 2017 in einem Bildband über die Geschichte des Ortes, in dem er seinen Urlaub verbrachte, veröffentlicht. Seine Kinder haben diese zur Verfügung gestellt. Somit sind die Lichtbildwerke bis Ende 2052 geschützt, die einfachen Lichtbilder aber bis Ende 2067. Im Extremfall können so Lichtbilder mit bis zu 100 Jahren Schutzdauer belegt sein.

Lichtbild - Lichtbildwerk

Fazit

Angesichts der Unsicherheit bei der Einordnung als Lichtbild oder Lichtbildwerk empfiehlt es sich in der Praxis von der 70-jährigen Frist nach dem Tode des Urhebers auszugehen. Dieser Zeitpunkt ist im Zweifel auch zutreffender zu recherchieren als eine erste öffentliche Wiedergabe. Wer ganz sicher gehen möchte und auch die Eventualität des oben geschilderten fiktiven Falles einbeziehen möchte, der kann (jetzt im Jahre 2018) bei einfachen Fotografien ohne Werkcharakter erst von einer Gemeinfreiheit ausgehen, wenn diese vor 1918 entstanden sind. Einem Buchprojekt über die Geschichte des eigenen Heimatortes bis zum Ersten Weltkrieg steht also nichts mehr im Wege. Es sei denn, man verwendet Aufnahmen, die als Lichtbildwerke einzustufen sind, und der Fotograf war recht jung und ist auch nicht früh gestorben. Habe ich Sie jetzt verwirrt?

Um der Komplexität des Themas gerecht zu werden, empfehle ich noch weitere Quellen:

Urheberrecht: Lichtbildwerke und Lichtbilder von Überlicht
Wie sind Fotos geschützt? von Margarete May, Rechtsanwältin
Lichtbildwerke und Lichtbilder: Wie unsere Fotos geschützt sind von Jens Schade

10 Kommentare zu “Urheberrecht und Bildrechte einfach erklärt – Lichtbild oder Lichtbildwerk?

  1. Danke für die Zusammenfassung! Ein wichtiges, wenn auch manchmal enervierendes Thema… Gefühlt bin ich manchmal mehr mit der Suche nach frei verwendbaren Bilder beschäftigt, als mit Schreiben. Gerade, wenn der Künstler schon die obligatorischen 70 Jahre tot ist, „nervt“ es, wenn die Museen dann immer noch ihre Hand aufs Copyright halten.

    1. Danke für deinen Kommentar, Esther. In der Tat ist es eine noch nicht endgültig geklärte juristische Grauzone, inwiefern Reproduktionen von gemeinfreien Werken selbst wiederum Schutz genießen. Ich hatte hier im Blog bereits mehrfach über die Auseinandersetzungen zwischen den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim und Wikimedia berichtet, die genau aus dieser Problematik entstanden sind.

  2. „Schnappschüsse (Lichtbilder)“ ist schon falsch. Als LIchtbild wird gerichtlich so gut wie nichts mehr eingschätzt, höchstens was irgendein Automat macht.

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